Die Gründung einer neuen Gesamtschule durch die Stadt Halle/Westf. bleibt strittig. Die Bezirksregierung Detmold hat jetzt trotzdem die Genehmigung für eine vierzügige Gesamtschule mit Oberstufe erteilt.
Bürgermeister Klaus Besser kündigte an, den Bescheid von einer auf Schulrecht spezialisierten Fachanwaltssozietät prüfen zu lassen. Sollte eine Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg haben, weil die Voraussetzungen zur Gründung einer Gesamtschule nach dem Schulgesetz nicht vorliegen, werde fristgerecht Klage beim Verwaltungsgericht in Minden erhoben.
Trotz des Widerstandes der benachbarten Schulträger (Kreis Gütersloh, Städte Borgholzhausen und Werther, Gemeinde Steinhagen und Progymnasium Werther) hatte der Rat in Halle am 6. November 2013 mehrheitlich die Gründung beschlossen. Am 22. November hatte die Bezirksregierung Detmold als zuständige Genehmigungsbehörde drei der betroffenen Schulträger zu einem Moderationsverfahren nach dem Schulgesetz eingeladen. Eine Einigung oder eine Kompromisslösung gab es nicht. Halle beharrt auf Gründung einer vierzügigen Gesamtschule mit Oberstufe. Nicht eingeladen wurden die Städte Borgholzhausen und Werther sowie das private Progymnasium Werther. Die Städte Borgholzhausen und Werther haben daher am 20. November 2013 Klage vor dem Verwaltungsgericht in Minden gegen die Bezirksregierung auf Zulassung zum Moderationsverfahren erhoben.
Die Bezirksregierung Detmold hat dem von der Stadt Halle gestellten Antrag auf Genehmigung einer vierzügigen Gesamtschule mit Sekundarstufe II (Oberstufe) entsprochen. "Ich halte den Antrag nach wie vor nicht für genehmigungsfähig, da Halle mit einer 60-prozentigen Übergangsquote von den Grundschulen zur Gesamtschule rechnet, was unrealisitisch ist. Die Bezirksregierung geht von 59 % aus. Selbst unter dieser Prämisse wird im fünfjährigen Planungszeitraum nicht die notwendige Zahl von 100 Grundschülern je Jahrgang nachgewiesen", so Bürgermeister Klaus Besser. "Um einen geordneten Schulbetrieb in Halle zu ermöglichen, müssen daher auch Kinder aus den Nachbarkommunen angemeldet werden. Dies schwächt und gefährdet die Schulstruktur im nördlichen Kreis Gütersloh und verstößt gegen das im Schulgesetz des Landes verankerte Rücksichtnahmegebot auf Nachbarkommunen".
Da die Bezirksregierung in Detmold jetzt gleichwohl eine Genehmigung ausgesprochen hat, werden die betroffenen benachbarten Schulträger prüfen, ob sie die Genehmigung im Klageweg anfechten. Hätte die Bezirksregierung den Antrag der Stadt Halle abgelehnt, hätte diese ihrerseits Klage erheben können. "Ich bin mir sicher, dass die Bezirksregierung eine aus ihrer Sicht rechtssichere Entscheidung getroffen hat. Ob diese dann letztlich vor dem Verwaltungsgericht Minden oder dem Oberverwaltungsgericht Münster bestand haben wird, wird man 2014 sehen".
Die Stadt Halle geht in ihrer Schulentwicklungsplanung davon aus, dass insbesondere Schülerinnen und Schüler der Steinhagener Realschule zur Gesamtschule wechseln werden und nimmt Leerstände in den Steinhagener Schulgebäuden in Kauf. "Allein 2014 werden wir über 1.100.000 € für den laufenden Betrieb unserer Realschule (ohne Mensa) und bauliche Maßnahmen aufwenden. Es ist nicht hinzunehmen, dass hier Steuergelder für gute und funktionierende Schulen aufgewendet werden und trotz zurückgehender Schülerzahlen finanzstarke Nachbarschulträger neue Schulen errichten", so Besser. Sollte die Gesamtschule mit Oberstufe zustande kommen, würde die Stadt Halle über drei Oberstufen (Gymnasium, Berufskolleg, Gesamtschule) verfügen.
Die Schüler- und Geburtenzahlen in Halle liegen deutlich unter denen in Steinhagen und teilweise auch unter denen von Versmold. Diese Zahlen lassen bei realistischer Einschätzung des Wahlverhaltens der Eltern nur die Gründung von Sekundarschulen (Gesamtschulen ohne Oberstufe) anstelle von Haupt- und Realschulen zu. Anders als in Versmold war in Steinhagen der Versuch einer Sekundarschulgründung Anfang 2013 an zu geringen Anmeldezahlen gescheitert.
In Rheda-Wiedenbrück kam es am 24. November 2013 zu einem Bürgerentscheid über den Erhalt einer Realschule, die zugunsten einer Gesamtschulgründung aufgegeben werden soll. Im Ergebnis haben sich zu wenig Abstimmungsberechtigte für den Erhalt der Realschule ausgesprochen. Nur rd. 18 Prozent der Abstimmungsberechtigten hatten sich an der Abstimmung beteiligt.
Steinhagen war von der Bezirksregierung gebeten worden, bis zum 29.11.2013 die in den letzten Jahren erfolgten Investitionen für das Gymnasium, Schulzentrum und Mensa mitzuteilen. "Da wir geprüfte Jahresabschlüsse haben, war das kein Problem", so Bürgermeister Klaus Besser. Auch die Investionen in bestehende Schulen sollten bei der Entscheidungsfindung der Bezirksregierung eine Rolle spielen, finden sich aber in der Begründung zum Genehmigungsbescheid nicht wieder.
Bürgermeister Klaus Besser hat bereits vor Weihnachten angekündigt, dass er den Rat der Gemeinde Steinhagen am 15. Januar zu einer Sondersitzung einladen wird. Am gleichen Abend ist auch der Kreistag zu einer Sondersitzung zusammengetreten. Beide Gremien haben entschieden, gegen die Entscheidung der Bezirksregierung Rechtsmittel einzulegen. Die Klagen wurden fristgerecht erhoben. Außerdem klagen die Städte Borgholzhausen und Werther. In Halle soll in einer Sondersitzung des Rates erneut über die Situation beraten werden.