Landeshaushalt 2011 verfassungswidrig

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen hat in einem Normenkontrollverfahren auf Antrag der CDU-Landtagsfraktion den Landeshaushalt 2011 am 12. März 2013 für verfassungswidrig und damit nichtig erklärt.

Nach Auffassung der Verfassungsrichter war die Kreditgrenze überschritten. Dies sei nur bei konjunkturellen Ausnahmesituationen nach der Landesverfassung erlaubt. Eine solche Situation habe 2011 nicht vorgelegen. Der Gesetzgeber habe vielmehr vor dem Hintergrund einer konjunkturellen Aufschwungsphase mit unerwartet hohen staatlichen Einnahmen gerechnet.

Von der Regelverschuldungsgrenze in Art. 83 Satz 2 der nordrhein-westfälischen Verfassung dürfe grundsätzlich nur zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts abgewichen werden, so der Verfassungsgerichtshof in Münster. Die Störungslage müsse dazu ernsthaft und nachhaltig sein oder als solche unmittelbar drohen. Bei der Beurteilung habe der Haushaltsgesetzgeber zwar einen Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum. Er müsse jedoch nachvollziehbar darlegen, dass die Voraussetzungen für die Überschreitung der Regelverschuldungsgrenze vorlägen. Erforderlich sei ein nachvollziehbarer Beleg dafür, dass im jeweiligen Haushaltsjahr deutliche Anzeichen für einen ausnahmsweise bestehenden oder drohenden konjunkturellen Abschwung bestünden, der durch Kreditaufnahme auszugleichende Mindereinnahmen und Mehrausgaben erwarten lasse. Die Darlegungslast intensiviere sich in einer Aufschwungphase mit unerwartet hohen staatlichen Einnahmen.

Diesen Anforderungen hatte der Gesetzgeber nach Ansicht des Gerichts nicht genügt. Der Gesetzgeber habe nicht hinreichend dargelegt, dass im Jahr 2011 (noch) eine konjunkturelle Ausnahmesituation vorgelegen habe. Für 2011 hätten die Landesregierung und ihr folgend der Haushaltsgesetzgeber ein kräftiges Wirtschaftswachstum und Steuereinnahmen in Höhe von gut 40 Milliarden Euro erwartet. Daher habe es nicht dem Ausnahmecharakter des Art. 83 Satz 2 LV genügt, eine Störungslage hauptsächlich mit dem Umfang der im Jahr 2011 noch negativen Produktionslücke und erheblichen Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung zu begründen. Beide Gesichtspunkte habe der Gesetzgeber nicht zum Anlass genommen, nennenswerte Einnahmeeinbußen im Vergleich zur konjunkturellen Normallage im Haushalt einzuplanen. Der Verfassungsgerichtshof monierte zudem, dass die herangezogenen Produktionslückenschätzungen der OECD, des IWF und des Sachverständigenrats für das Jahr 2011 mit Werten zwischen -1,9% und -1,2% den Herbstprognosen 2010 entnommen gewesen seien und somit auf überholten Konjunkturdaten beruht hätten. Sie hätten im Frühjahr 2011 einer Neuberechnung unter Berücksichtigung mehrfach deutlich nach oben korrigierter Wachstumsraten bedurft. Der methodische Widerspruch, diese überholten Daten zu verwenden, während die angehobenen Wachstumsprognosen bei der veranschlagten Einnahmeentwicklung durch nachträgliche Änderungsvorlagen berücksichtigt worden seien, sei verfassungsrechtlich nicht mehr vertretbar. Von den zum Zeitpunkt der Beratungen des Haushaltsgesetzes Anfang April 2011 bereits vorliegenden und im Gesetzgebungsverfahren thematisierten aktualisierten Schätzungen habe keine eine größere negative Produktionslücke ausgewiesen als -1,0 %. Die ganz überwiegende Anzahl dieser Prognosen habe eine vollständig geschlossene Produktionslücke angenommen. Auf diese neuen Erkenntnisse hätte der Gesetzgeber innerhalb des ohnehin vorgesehenen Zeitplans für das Gesetzgebungsverfahren noch zumutbar reagieren können.

Der Haushalt 2011 war zu Zeiten der rot-grünen Minderheitsregierung vom Landtag beschlossen worden. Bei den Haushaltsberatungen für 2012 kam es dann zur Auflösung des Landtages mit der Folge von Neuwahlen.

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